Sonntag, 6. Januar 2013

Facebook und seine Folgen

Facebook - das virtuelle Tagebuch, das eine Milliarde Menschen für den CIA führt? Nicht nur. Es geht um viel mehr.

Was die Überwachung betrifft: Die wichtigen Zielpersonen haben mit Sicherheit noch besseres zu tun, als ihr Facebookprofil zu pflegen. Das Mithören des "großen Bruders" bei jedem einzelnen Beitrag ist gar nicht das Hauptproblem. Interessant ist sowieso nur die Essenz, also die vollautomatisiert erstellten Sozio- und Psychogramme von einer Milliarde Menschen. Ein willkommener Nebeneffekt der bewusst geschürten Überwachungsparanoia ist auch, dass man sich jederzeit und überall freiwillig politisch korrekt verhält. Das Posten über "Real Names" untergräbt direkt den Schutz anonymisierter Meinungsäußerung, macht angreifbar.

Warum gerade Facebook?

Die Errichtung eines Monopols ist die natürliche Folge von konzentrierter Marktmacht, und dabei werden gefährliche demokratische Konkurrenzprojekte automatisch ausgeschaltet. Bei Diaspora musste man allerdings nachhelfen (durch den ominösen "Selbstmord" des "Brains", Ilja Zhitomirsky). Ist der Standard einmal gesetzt, lässt der Marktführer (Facebook) sprunghaft alle Konkurrenz hinter sich, genau wie Google, Microsoft oder Apple. Wenn es nicht Zuckerberg gewesen wäre, hätte es jemand anderes gemacht. Auf jeden Fall hätte am Ende immer einer gesiegt gegen alle anderen. So wie Google, Microsoft, Apple, Paypal, die alle von Sequoia Capital mit finanziert wurden, einer NSA-Investor-Holding, die bei nahezu jedem großen IT-Unternehmen der USA ihre Hand im spiel hat. Don Valentine, Mitbegründern von Sequoia Capital, beschreibt, mit welcher Strategie die durchwegs große Namen gegründet wurden.


Sequoia has funded an unprecedented number of enormously successful companies including Google, Yahoo, Paypal, Electronic Arts, NVIDIA, Cisco Systems, Oracle, Apple, YouTube, Admob and Zappos. Sequoia estimates that 19% of the NASDAQ’s value is made up of firms they have funded.
Quelle: Crunchbase

Der Zwang zum Mitmachen

Jedes neue Mitglied, jeder Beitrag (gerade auch die wertvollen), ist nur ein weiteres Argument für FB, das am Ende alle und jeden zwingt, da teilzunehmen, um überhaupt noch in Kontakt treten zu können. Viele sträuben sich noch, aber der Trend wächst exponentiell und erfasst am Ende jeden, weil es "zu umständlich" wird, auch noch über andere Kanäle zu kommunizieren, auf denen nichts los ist. Gefördert wird die tägliche Nutzung auch durch ein gewisses Suchtpotenzial: Wem gefalle ich endlich mal, wer beachtet mich endlich mal? Das Streben nach Anerkennung und Mitteilung wird hier auf die eigenen Mühlen gelenkt.

Abschaffung der Privatsphäre

Was hier systembedingt geschieht, ist die totale Vermassung und Gleichschaltung, im Sinne der allmählichen Aufweichung und Abschaffung der Privatsphäre und damit einer Voraussetzung für Menschenwürde. Das Big-Brother-TV war der Prototyp für den freiwilligen Exhibitionismus. Gerade junge Menschen wissen gar nicht mehr, welche Überwindung es die erwachsene Generation noch kostete, ihre Meinung und persönliche Photos unter Real Name zu veröffentlichen.

Zeitvernichtungsmaschine

Das Internet an sich mit seiner "emotionslosen" Stümmel-Kommunikation über Tastatur ist schon Teil des Problems. Wir sprechen immer weniger und immer unlebendiger. Die Partnerbörsen gehören auch dazu. Die gab es schon vor FB. Das ist dieselbe Massenabfertigung. Zwischenmenschliche Beziehungen, die Träger von Gefühlen, werden nach und nach immer mehr verwaltet, sortiert, gesammelt. Die Suche nach Anerkennung und Freunden wird künstlich angeheizt durch Überbetonung, ja regelrechter Zelebrierung von so bedeutungsvollen Aussagen wie "Gefällt mir" und Dein "Irgendwas" Gefällt irgendeinem "Fake-Freund". Die millionenfach gespielten Online-Spiele besorgen den Rest.

Qualität in der Kommunikation wird zum quantitativen Erbsenzählen. Das ist das gleichzeitig banale, aber auch ernüchternde Fazit von Facebook: immer mehr Stimulation, aber keine Tiefe mehr, keine echte Diskussion eines Themas über längere Zeit, wie bei der guten alten Forumskultur, aber auch keine Herzensbegegnung. Am Ende des Tages bleibt dafür dann schlichtweg keine Zeit mehr übrig. FB ist also schon rein zeitlich ein Aderlass für Lebens- und Arbeitszeit (weshalb viele Firmen FB Zugang systematisch blockieren). Der gesellschaftliche Schaden, den FB unter diesem Gesichtspunkt bereits anrichtet, ist noch gar nicht abschätzbar.

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