Mittwoch, 7. August 2019

Dualismus und Nondualismus - zwei gleichwertige Betrachtungsweisen der Wirklichkeit

Erkenntnis wird stets durch Vergleich, durch Analogiebildung gewonnen (vgl. dazu den Artikel "Wahrheit und ihre konzentrische Erkenntnis"). Das gilt gleichermaßen in der Physik, wie in der Philosophie. Geometrisch-topologische Paradoxien können zur Veranschaulichung von ontologischen (das Sein betreffenden) Fragegestellungen dienen. 

Eine Möbiusschleife ist eine solche Paradoxie. Es entsteht durch Auftrennen und verdrehtes Wiederzusammenfügen eines geschlossBandes. Es hat - auf seine ganze Länge betrachtet - nur einer Seite: Fährt man es mit dem Finger ab, kommt man sowohl auf der Vorder-, als auch auf der Rückseite vorbei. Aber lokal, an einer Stelle hat es zwei Seiten, die deutlich voneinander unterschieden werden können. 


Wenn man die Möbiusschleife als Kondensator konzipiert (also aus zwei elektrisch leitenden Schichten mit einer Isolationsschicht / Dielektrikum dazwischen) und beide übereinanderliegenden Schichten an einer Stelle mit einer Spannungsquelle verbindet, kann man bei hoher Frequenz eine lokale Ladungsdifferenz zwischen oben und unten erzeugen, die bei niedriger nicht mehr vorhanden wäre, da dann die Ladungen schnell genug über die ganze Bandlänge wandern und sich ausgleichen. Das Möbiusschleife soll aufgrund dieser Paradoxie bisher unerforschte physikalische Eigenschaften besitzen (Stichworte: freie Energie, Resonanzfrequenz, magnetischer Monopol).Auch ein Torus hat ein Innen (den Trichter entlang seiner Mittelachse) und ein Außen (die Kugeloberfläche) übergeht und umgekehrt. Zieht man einen Zaun um eine Polöffnung, entsteht eine Trennung zwischen Polöffnung und der restlichen Kugeloberfläche. Aber über den Mitteltrichter sind die Seiten wiederum verbunden.

Torus mit verbindenden Mitteltrichtern
So, wie die Schichten in der Möbiusschleife gleichzeitig getrennt und doch vereint sind, so kann man die Paradoxie der Einheit in der Vielfalt (Unity in Diversity) verstehen, der gleichzeitigen Realität von Dualismus und Nondualismus. 

"Einheit in der Trennung" - Unity in Diversity ist die paradoxe Grundstruktur des Universums. Paradox erscheint sie unserem Verstand, weil wir verschiedene Betrachtungsweisen kennen: die konkrete, naheliegende (wie sie astrologisch durch das Zeichen des Zwillings, bzw. des dritten Hauses symbolisiert wird) und die abstrakte, übergeordnete (Schütze, 9. Haus). Da alle Wahrnehmungsweisen, bzw. Bewusstseinzustände gleichermaßen Teil des menschlichen Wesens und der menschlichen Erfahrung sind, sind aus ganzheitlicher Sicht alle gleichberechtigt und gleich gültig und wären nicht einmal hierarchisch unterscheidbar. 

Das Paradoxe an diesem gleichzeitigen Sowohl-als-Auch beruht nicht auf einer prinzipiellen Unvorstellbarkeit, bzw. Unlogik, sondern wohl auf einer wechselseitigen Wahrnehmungs-Exklusivität (vgl. die dazu analoge kontravalente boolsche XOR-Funktion): Die Wahrnehmung eines Sachverhalts (wie der Verbundenheit, Determiniertheit) muss für ihre Dauer immer die andere Seite (nämlich die genauso existierende Getrenntheit, die Possibilität) ausblenden. Freier Wille entspricht dem Dualismus, Determiniertheit dem Nondualismus. Ein selbstbewusstes Wesen wie der Mensch kann sich aber wohl nicht gleichzeitig als (getrennten) aktiven Willensausübenden und als (verbundenen) passiven Zuschauer wahrnehmen.

Die metaphorische Analogie zu dieser XOR-Selektivität ist das sog. Kippbild, z.B. in Form zweier sich anschauenden Gesichtsprofile, die zugleich die Silhouette einer Vase bilden. 

Wenn man an die Vase denkt, bzw. sie fokussiert, verschwinden in dem Moment die Gesichter und umgekehrt. Die Vase läst sich nur als "Nicht-Gesicht" beschreiben, die Gesichter nur als "Nicht-Vase". Das Kippbild existiert zwar unbestreitbar als ein Ganzes, aber für dieses Weder-Noch gibt es keinen Begriff. Die Ganzheit (bzw. die göttliche Essenz) wird deshalb in der vedischen Philosophie auch als "Neti-Neti" ("nicht dieses, nicht jenes") bezeichnet.

Das Paradox des Sowohl-als-Auch bleibt aber trotz der XOR-Exklusivität wirksam, bzw. wirk-lich, wahr und vorstellbar, da es sogar in einem dreidimensionalen Objekt wie der Möbiusschleife existiert. Es ist keineswegs dysfunktionell, denn bekanntlich ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile!

Aus der dualistischen Sicht des Getrenntseins ergeben sich immerhin Freiheit, Eigenständigkeit und Verantwortung. Auch die Liebe ist ein Ausdruck der Einheit in der Vielfalt, da sie einerseits eine Verbundenheit bedeutet, sich aber andererseits auch nicht erzwingen oder kontrollieren lässt und folglich nur zwischen zwei unabhängigen Individuen stattfinden kann. 

Die sog. "Selbstliebe", zu der in esoterischen, oder sollte man sagen: in "egoterischen" Kreisen aufgefordert wird, ist in diesem Sinne aber ein Widerspruch in sich. Das christlich-ökumenische Gebot der Nächstenliebe ("Liebe deinen Nächsten") bezieht sich vor allem auf den Nächsten. Der Zusatz "... wie dich selbst" lautet denn auch richtig übersetzt "...als wäre er du selbst" (also nicht unterschieden von einem selbst), wodurch wieder nur die Einheit in der Vielfalt betont wird.

Als Ebenbild des Schöpfers ist der Mensch eins mit Gott, aber dennoch getrennt von ihm (vgl. "Ich und der Vater sind eins" - aber nicht: "ich bin der Vater"). Die Einheit mit Gott wird hergestellt über den göttlichen Funken im Menschen selbst, auch "Atman" genannt. Der Mensch als Torus verfügt über ein Außen (die Kugel, die für Körper, Seele und Geist steht), das aber zugleich aus dem Inneren (dem singulären, infinitesimalen Mittelpunkt in der Torusmitte) gespeist wird und mit ihm in Wechselbeziehung steht. Diese Singularität steht für Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit (Sat-Chit-Ananda) und ist das Tor zur Transzendenz (Losgelöstheit von der Schöpfung), die der Mensch mit dem gleichzeitig transzendenten und immanenten Schöpfer teilt (vgl. achyntia bheda abheda tattvam). Bezogen auf die sieben Chakren (die Energiewirbel entlang der Wirbelsäule) wären die unteren sechs Chakren mit der Schöpfung verbunden (und über die Doppeltrichternatur der Chakren mit den zwölf Tierkreiszeichen), während das siebte Chakra (das Scheitelchakra) nach oben schaut, in Richtung des transzendenten Himmels.

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